SPD Vollmarshausen

1945-1970


Hans Neusel (MdL) in den 50er Jahren mit SPD-Genossen

Materielle Kriegsschäden gab es in Vollmarshausen so gut wie keine. Jedoch waren in vielen Familien gefallene oder vermisste Angehörige zu beklagen, von den Kriegsverletzten ganz zu schweigen.
Die noch lebenden Vorstandsmitglieder aus dem Jahr 1933 gründeten am 20.10.1945 den SPD-Ortsverein Vollmarshausen wieder neu. An dieser Versammlung nahmen ca. 120 Mitglieder und der im Landkreis bekannte Genosse Fritz Pracht teil.
Aus den Neuwahlen gingen als:
Vorsitzender Heinrich Heinemann
2. Vorsitzender Oskar Henning
Kassierer Justus Schmidt
Schriftführer Karl Baunemann hervor.
Heinrich Heinemann betonte als neu gewählter Vorsitzender, dass sich bis zum heutigen Tage 124 Mitglieder dem hiesigen SPD-Ortsverein angeschlossen hätten, die nie der NSD-AP angehört haben. Neben der SPD gründete sich auch noch der BHE (Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten). Diese Gruppierung nannte sich später „Dorfgemeinschaft Vollmarshausen"
1948 fand die erste Gemeindewahl nach dem 2. Weltkrieg statt. Die Vollmarshäuser SPD erreichte, wie vor ihrem Verbot 1933, wieder acht von 12 möglichen Sitzen. Vier Sitze gingen an den BHE. Bis zur Wahl amtierte ein „Fünf Männer Ausschuss", der den Bürgermeister, der von den Amerikanern eingesetzt war, beraten und unterstützen sollte. Verglichen mit heute ist der „Fünf Männer Ausschuss" dem Gemeindevorstand gleichzusetzen . Diese Männer wurden auf Vorschlag der in unserem Dorf bestehenden demokratischen Parteien von der amerikanischen Besatzungsmacht berufen.
Hauptproblem in den ersten Nachkriegsjahren war die Wohnungsnot. Viele Bombengeschädigte aus Kassel wurden auf die umliegenden Gemeinden verteilt, hinzu kamen die Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten. Aus diesem Grund, wurden im Gemeindeparlament eine Wohnungs- und Wohlfahrtskommission gebildet.
Das Kapitel Entnazifizierung, welche von der amerikanischen Besatzungsmacht angeordnet wurde, stellte die hiesige SPD vor große Probleme. Die zentrale Frage der SPD war, wie sie mit SPD-Mitgliedern umgehen sollte, welche sich während der Nazi-Zeit der NSDAP zugewandt hatten (ob freiwillig oder erzwungen). Nach unzähligen Diskussionsrunden in vielen langen Monaten wurde diese Frage gar zur Zerreissprobe.
Letztendlich wurde der Beschluss gefasst, dass all die, welche sich im „Dritten Reich" nichts hatten zu „Schulden" kommen lassen und in die SPD eintreten wollten, dies auch durften.
Ab Mai 1945, nach der Kapitulation des Nazi-Regimes, setzten die Amerikaner auf Vorschlag von Wilhelm Neuenhagen, der von 1933 bis 1945 Bürgermeister war, nunmehr den Lehrer Ludwig Rüdiger als Bürgermeister ein. Rüdiger übte das Amt nur bis November 1945 aus. Er ging danach wieder in den Schuldienst zurück und wurde einige Jahre später zum Schulrat des Landkreises Kassel berufen.

 


Jakob Schneider

Auf Ludwig Rüdiger folgte Jakob Schneider als Bürgermeister.
In den ersten Nachkriegsjahren schritt die infrastrukturelle Entwicklung in Vollmarshausen nur langsam voran. Armut herrschte überwiegend in allen Arbeiterhaushalten. 1950 bestand der SPD-Ortsverein aus 131 männlichen und einem weiblichen Mitglied. In diesem Jahr schieden 17 Mitglieder freiwillig aus der Partei aus. Der überwiegende Grund war die Nichtzahlung der Mitgliedsbeiträge. Erst 1956 (nach der Währungsreform), wurden einige Projekte sichtbar. Die Nebenerwerbssiedlung am Steinweg war eine der sichtbaren Maßnahmen.
Vielleicht lag dieses gemächliche Vorantreiben aber auch daran, dass die verantwortlichen Politiker sich als oberstes Ziel gesetzt hatten, keine übermäßigen Schulden zu machen. Sicherlich lag es aber auch am damaligen SPD-Bürgermeister Jakob Schneider, der als äußerst konservativ galt.

 

Am 26.April 1955 wurde durch Hildegard Friedrich und Anna Ritschel innerhalb des SPD-Ortsvereines Vollmarshausen eine SPD-Frauengruppe gegründet. Vor 1933 bestand wohl auch schon eine Gruppe politisch interessierten Frauen, von politischen Aktivitäten ist jedoch nichts bekannt.
Die Gruppe wurde von Gertrud Eberwein, der Ehefrau des Bürgermeisters Wilhelm Eberwein geleitet. Hildegard Friedrich, die Ehefrau des späteren Bürgermeisters Hans Friedrich, wurde bei der Gründungsversammlung zur Vorsitzenden gewählt Die sozialdemokratischen Frauen um Hildegard Friedrich, engagierten sich zu Beginn ihrer politischen Arbeit überwiegend für soziale Dinge.
Beispielhaft die Paketaktionen in die DDR in der Advents- und Weihnachtszeit, Hausbesuche bei kranken und älteren Menschen. Erstmalig wurden so genannte „Altennachmittage" veranstaltet und in Zusammenarbeit mit anderen ortsansässigen Frauengruppen sogar Modenschauen.
Die reine politische Arbeit wurde jedoch relativ vorsichtig angegangen, drang man doch mit der Gründung einer politischen Frauengruppe in eine reine Männerwelt vor. Dennoch, über den Weg der Mitsprache, so zum Beispiel bei der Gestaltung des Ortsbildes (Ortsverschönerung) fand man Anerkennung und Respekt. Politische Entscheidungen von SPD-Frauen im Ortsverein fanden eine immer größere Berücksichtigung und Würdigung.
Hildegard Friedrich wurde 1967 in den Kreistag gewählt. Dieses Amt hatte sie 18 Jahre bis 1985 inne. Gleichzeitig führte sie von 1967 bis 1975 als Vorsitzende die Frauen im Unterbezirk Kassel-Land. Von 1985 bis 1989 war Anita Ketteritzsch Abgeordnete des Kreistages, gefolgt von Giesela Abraham Mergard.
Seit 1997 ist Robert Heimrich der Kreistagsabgeordnete, der die Interessen der Söhre-Gemeinden und Vollmarshausens in diesem Gremium vertritt.
Die politischen Verhältnisse verbesserten sich Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre ständig zu Gunsten der Vollmarshäuser SPD. Waren es 1960 knapp über 70 % der Wähler die uns ihr Vertrauen übertrugen, so waren es bei der Kommunalwahl 1964 bereits knapp 80%.
Mit einer Werbeaktion 1956 konnten für unsere Partei 46 neue Mitglieder geworben werden. 70% davon sind unter 35 Jahre alt !
Nach 37 Jahren (!) reichte Heinrich Heinemann 1960 den Stab als SPD - Ortsvereinsvorsitzender an Heinrich Eberwein weiter.


Hans und Hildegard Friedrich

Im Jahr davor wurde Hans Friedrich als 34-jähriger zum Bürgermeister gewählt. Es gab einen Generationenwechsel in der Vollmarshäuser SPD-Geschichte. In den Jahren 1960 bis 1970 war in Vollmarshausen eine politische Aufbruchstimmung festzustellen.
Die Infrastruktur im gesamten Ort wurde verbessert. Ein neuer Wasserleitungsbau, der Abwasser und Kanalisationsbau, der Straßen- und Feldwegebau, die Neuordnung des Bachbettes, ein Schulanbau für neue Klassenräume und der Bau einer Friedhofs- und Sporthalle wurden angegangen. Zu dem wurden neue Baugebiete ausgewiesen und erschlossen.
Und als so genanntes i-Tüpfelchen, wurde von den SPD-Genossen im Gemeindeparlament das Satzungsrecht für Vollmarshausen grundlegend geändert und neu gestaltet. Das wichtigste war jedoch, dass das neue Satzungsrecht auch angewandt wurde.
Eines ist überliefert: Es hat keine Widersprüche gegen die Neuordnung von Satzungsrecht und Gebührenordnung in dieser Zeit gegeben. Die Menschen in unserem Ort haben sich mit diesen Maßnahmen identifiziert, sie bejaht und Erschwernisse in Kauf genommen.

 

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